Du kennst bestimmt das Fohlen ABC – anfassen, aufhalftern, führen, Hufe geben, usw.
Das gibt es auch für Jungpferde. Zum Pferde ABC zählt zum Beispiel auch anbinden, waschen, spazieren gehen. Saffa kannte so gut wie nichts. Dafür bin ich im Nachhinein sehr dankbar, denn so konnte ich ihm alles beibringen, wie ich es gerne haben möchte. Anfangs war das für mich eine sehr große Herausforderung, denn ich hatte nicht viel Erfahrung mit Jungpferden. Aber meine Trainerin und Freunde unterstützten mich und gaben mir viele, hilfreiche Tipps.
In der ersten Woche lernten wir uns einfach nur kennen. Ich habe “einfangen” und aufhalftern mit ihm geübt, was anfangs gar nicht so einfach war, weil er sehr misstrauisch mir gegenüber war. Da ich ihn legen ließ, kam dazu, dass ich ihm an den ersten Tagen noch die ekelhaften Medikamente geben musste. Das Schmerzmittel gab ich ihm über eine Spritze ins Maul, was er hasste. Darum stand ich mit ihm über eine Stunde lang da und versuchte alles ohne Stress, bis es geklappt hat. Pro Dosierung war es eine relativ große Menge. Daher gab ich ihm die Spritze ein paar mal ins Maul, bis die ganze Dosis im Pferd war. Das war nicht gerade hilreich für unsere Beziehung, denn er brachte mich die ersten Tage nur mit den Medikamenten in Verbindung. Darauf war ich nicht vorbereitet. Er mochte mich zuerst nicht, ließ sich nicht einfangen, geschweige denn aufhalftern. Das traf mich echt. Ich grübelte oft und zweifelte meine Entscheidung, ein Jungpferd gekauft zu haben, sogar an. Aber seitdem unsere Trainerin da war, habe ich gelernt, “einfach mal zu machen”. Und mir nicht über alles den Kopf zu zerbrechen. Ich habe seit meiner Kindheit mit Pferden zu tun und weiß ja, wie der Hase läuft. Als es diesen Schalter in meinem Kopf umlegte, funktionierte alles.
Ans Putzen gewöhnen
Zum Beispiel die Körperpflege. Ich putzte ihn am Anfang nur in seinem abgetrennten Bereich, ohne ihn anzubinden oder ein Halfter anzulegen. Er stand am Heu und fraß. Erst nach einer Woche fing ich an, ihn am Zaun “anzubinden” und ihn dort zu putzen. Dort stand dann auch immer seine Futterschüssel, damit er weiß, ihm passiert nichts und er braucht keine Angst zu haben. Das Anbinden solltest du vorher simuliert üben. Heißt, keinen Knoten machen und den Strick nur durch die Anbindevorrichtung legen und das Strickende in der Hand halten, um nötigenfalls nachgeben zu können. Wenn ich Saffa anbinde, dann nur mit dem Knoten, der ganz schnell wieder aufgeht wie hier im Bild abgebildet.
Das verstand Saffa nach ein paar mal üben und ich konnte ihn angebunden lassen.
Immer, wenn ich das Putzutensil wechselte, durfte er es zuerst anschauen und untersuchen. Seine Lieblingsbürste ist tatsächlich die Diva von Haas. Darin vergräbt er gern seine Nüstern und lässt sie dann nicht mehr los 🙂
Bis dahin habe ich noch nicht einmal daran gedacht, seine Hufe auszukratzen, weil ich mich das einfach nicht getraut habe. Aber das ging dann irgendwann wie von selbst. Den Hufschmied kannte er bereits von den Vorbesitzern.
Hufpflege: Unser erster Huftermin
An unseren ersten Huftermin erinnere ich mich unter anderem deshalb gut, weil ich an diesem Tag das allererste Mal seine Hinterhufe ausgekratzt hatte. Unsere Huforthopädin hat Erfahrung mit Jungpferden und erklärte mir, dass wir nur das machen werden, was geht. „Wenn er jetzt die Hinterhufe nicht geben möchte, dann lassen wir das und üben das nochmal.“ Sie ließ ihn auch all die Instrumente anschauen und in den Holzgriff der Feile durfte er mal beißen. Also alles gar nicht schlimm. Aber er war sehr lieb und hat super mitgemacht. Beim letzten Huf war seine Geduld zwar ziemlich am Ende, aber wir zogen alles komplett durch. Es musste ja nur noch geraspelt werden. Als ich ihm zur Belohnung eine Karottenscheibe gegeben habe, hat er sogar noch einen Milchzahn verloren! 🙂
Seine Hufe sahen gut aus und die Orthopädin konnte alle vier Hufe gut korrigieren. In fünf Wochen stand der neue Termin an und wir bekamen etwas zum Üben mit auf den Weg: Die Hufe auf dem Hufbock abstellen. Eine Einstellerin hat uns dazu ihren eigenen Hufbock zur Verfügung gestellt.
Was mich auch überraschte war, dass die Hinterhufe für das Pferd viel einfacher zu geben sind als die Hufe vorn. Eigentlich ist das aber logisch. Denn das Pferd muss auf der Vorhand viel mehr Gewicht ausgleichen, wenn es auf drei Beinen steht.
Die Huforthopädin war an dem Tag sowieso im Stall, hat zwei weitere Pferde behandelt und wir haben spontan entschieden, Saffa gleich mit dazu zu nehmen. Die beiden – Saffa und die Huforthopädin – haben alle vier Hufe zusammen gut bearbeitet bekommen.
Ich bin vor Stolz fast geplatzt, weil das ja unser allererster gemeinsamer Termin war.
Den Huf ließ er von Termin zu Termin besser auf dem Hufbock stehen, so dass ich ihn jetzt allein angebunden stehen lassen kann. Wie bei allem, an was ein junges Pferd gewöhnt werden soll, bringen auch hier Routine und Konsequenz am allermeisten.
Leckerli – wohl dosiert und nie zu viel
Saffa kannte auch keinerlei Leckerli, Obst oder Karotten. Ihn daran zu gewöhnen, war allerdings nicht schwer, denn die meisten Pferde mögen diese Leckereien.
Seine Lieblingsleckerlies sind übrigens schlicht und einfach Äpfel. Bei neuen Leckerlisorten ist er eher skeptisch. Es könnte ja wieder eklige Medizin sein. Aber mittlerweile frisst er alles, was ich ihm gebe. Außer Bananen. Die mische ich aber auch gern mal mit ins Mash. Dann gewöhnt er sich vielleicht so daran. Allerdings muss er nicht alles mögen. Ich esse ja auch nicht alles. Lakritze zum Beispiel. Bäh.
Bei der ganzen Leckerli Fütterung achte ich immer darauf, dass es nicht zu viel wird. Saffa bekommt nur zur Begrüßung und zur Verabschiedung etwas Kleines oder wenn wir mal etwas Neues erarbeiten wie zum Beispiel: Abschwitzdecke auflegen. Dann aber auch nur ganz kleine Häppchen. Beim ersten Huftermin war ich zum Beispiel mit Karottenscheibchen bewaffnet. Das hat einwandfrei funktioniert. Aufpassen musst du, da manche Pferde schnell gierig werden und immer ein Leckerli wollen, selbst dann, wenn sie keines verdient haben. Bleib da konsequent und gib nicht nach. Bei Saffa war das nie der Fall und er schnappt oder beißt auch nicht nach mir, wenn ich mal nichts dabeihabe. Er nimmt Leckerlies generell SEHR vorsichtig aus meiner Hand.
Auch das Führen will gelernt sein
Was ich mit ihm üben musste, war das Führen. Er hat anfangs sehr gedrängelt und mich gelegentlich fast umgerannt. Stahlkappenschuhe waren von da an das Accessoire meiner Wahl, denn auf meine Füße nahm er auch keine Rücksicht. Daher nahm ich ihn ans Knotenhalfter und lief mit ihm einfach nur übers Hofgelände. Sobald er mich wieder durch die Gegend ziehen wollte, habe ich am Knotenhalfter gezupft, bin auch mal deutlicher geworden und es gab statt zupfen einen kräftigeren Ruck, bis er stehen geblieben ist. Wenn er in mich reingelaufen ist, drückte ich meinen Ellenbogen an ihn, damit er wieder von mir weggeht und meinen Raum respektiert. Wenn du den Strick oder das Bodenarbeitsseil in Richtung Hals im Kreis schwingen lässt, genügt das oft auch schon, um dem Pferd verständlich zu machen, dass es Abstand halten soll. Als das funktioniert hat, begannen wir, spazieren zu gehen. Schnell tauchten – insbesondere auf den Rückwegen – neue Probleme auf. Er wurde, wenn es wieder nach Hause ging, immer schneller, überholte mich oder ignorierte mich völlig.
Dann holte ich ihn wieder zurück und blieb stehen, sobald er wieder schneller wurde. Wenn das nicht klappte, machte ich kehrt und lief in die entgegengesetzte Richtung. Das funktionierte dann immer!
Spazieren: tolles Training, das Spaß macht
Hier am Fuße der schwäbischen Alb gibt es sehr viele bergige Strecken, das ist gut um die Muskulatur aufzubauen. Trampelpfade, übersäht mit Wurzeln, fördern die Balance und die Trittfestigkeit. Außerdem begegnen wir im Gelände allerhand gruseligen Dingen, die sich in ein Gelassenheitstraining umwandeln ließen. Dabei aber immer beachten, Sicherheit geht vor!
Ich ging mit Saffa von Anfang an allein spazieren, was unsere Beziehung sehr gestärkt hat. Das würde ich nicht jedem empfehlen, denn jedes Pferd ist anders. Mittlerweile gehen wir über Stock und Stein und falls der Weg unerwartet aufhören sollte, auch mal durchs Gebüsch.
Das macht ihm und mir viel Spaß und, da ich mich im Gelände einfach “Zuhause” fühle, freut mich das enorm. Ich hoffe, dass uns das auf dem Weg zum Reitpferd und vor allem “Verlasspferd” zugutekommt. Aber alle, die Saffa bisher kennengelernt haben, sind begeistert davon, wie weit wir zusammen gekommen sind. In den nächsten Beiträgen erfährst du, wie ich Saffa an das Putzen, Longieren und die Bodenarbeit gewöhnt habe.
Vorherige Beiträge aus dieser Reihe
Teil 1: Saffas Weg vom Jungpferd zum Reitpferd
Teil 2: Kastration: Soll ich meinen Hengst legen lassen?
Teil 3: Worauf muss ich beim Jungpferd besonders achten?
- Umgesattelt – Teil 4: Baumlose Sättel - 25. Juli 2024
- Umgesattelt – Alternativen zum Sattel - 20. März 2024
- Sicher Reiten: Sicherheitssteigbügel (Teil 3) - 19. September 2022