Kastration: Soll ich meinen Hengst legen lassen?

Viele Hengstbesitzer stehen früher oder später (oder vielleicht auch gar nicht) vor dem Thema Kastration. Ich habe mir Saffa als Reitpferd und nicht als Deckhengst gekauft. Da er nicht decken soll, habe ich ihn legen (kastrieren) lassen. Ein weiterer Grund für mich, ihn legen zu lassen war, dass er die Haltung mit anderen Pferden gewohnt ist und ich ihm das nicht nehmen wollte. Denn viele Stallbetreiber möchten keine Hengste auf ihrem Hof oder lassen sie häufig notgedrungen im hintersten Eck vom Hof alleine stehen. Das heißt nicht, dass Hengste als Einsteller nicht grundsätzlich artgerecht gehalten werden können.  Viele Hengste dulden leider von sich aus keine anderen Pferde beispielsweise bei sich auf der Koppel, ganz gleich ob das Wallache oder auch andere Hengste sind. Das ist bei jedem Hengst anders.

Daher mein Entschluss zur Kastration. Bevor Saffa aber in die neue gemischte Herde darf, muss etwas Zeit vergehen, damit er auch wirklich zeugungsunfähig ist. Auf der sicheren Seite ist das nach circa 12 Wochen der Fall.

Ein paar Stunden nach der Kastration ist Saffa noch schlapp. Aber es geht ihm glücklcherweise schon wieder ganz gut.

Welche Möglichkeiten gibt es zur Kastration?

Ich entschied mich für die Kastration im Liegen unter Vollnarkose in der Klinik. Manche Tierärzte fahren auch in euren Stall und führen die Operation vor Ort durch. Dabei wird der Eingriff unter Teilnarkose im Stehen gemacht. Das ist oft kostengünstiger, birgt aber auch Risiken. Manchmal sind hohe Dosen an Betäubungsmittel notwendig und der Tierarzt begibt sich in Gefahr, durch den Hengst verletzt zu werden.

Die Entscheidung, die Kastration in der Klinik durchzuführen, habe ich deswegen gefällt, weil er dort gut aufgehoben war und rundum überwacht werden konnte. Selbst falls es während des Eingriffs zu Komplikationen gekommen wäre: Ich hatte das Gefühl, er ist dort gut aufgehoben. Diese Variante der Kastration ist natürlich teurer. Wie teuer das ist, fragt ihr am besten direkt in eurer Klinik oder bei eurem Tierarzt nach. Oft bieten die Kliniken auch Ratenzahlung an, falls euch der Eingriff auf einen Schlag zu viel kostet. Bei mir waren es mit fünf Tagen Klinikaufenthalt, Medikamenten, Untersuchungen, Futter, Narkosemittel und dem Eingriff selbst knapp 900 €.

Teurer kann es werden, wenn nicht beide Hoden aus der Bauchhöhle abgesackt sind, das ist ein komplizierterer Eingriff. Dann wird von einem Klopphengst gesprochen und dieser muss unter Vollnarkose im Liegen in der Klinik operiert werden. Du fragst dich jetzt bestimmt, ob bei so einer Operation die OP-Versicherung greift? Leider nein! Die Kastration ist eine Routine-Operation und im Normalfall nicht zwingend notwendig.

Saffas Klinikaufenthalt

Im Vorfeld habe ich mit der Klinik telefoniert und einen Termin vereinbart. Ich holte Saffa sonntags bei seinen Vorbesitzern ab und fuhr mit ihm in die Klinik. Wir kamen abends an und Saffa bekam seine Box zugeteilt. Ich wurde über die Narkoserisiken aufgeklärt und musste natürlich meine Daten angeben und seinen Pass dort lassen. Die Kastration sollte dann gleich am Montagvormittag durchgeführt werden. Da es Saffa aber nicht zu 100 % gut ging, wurde sie auf Dienstag verschoben. Er war sehr gestresst, bekommt deswegen auch schnell Durchfall und die Tierärzte wollten ihm den zusätzlichen Stress und die Aufregung der Operation ersparen. Also durfte ich Saffa am Montag in der Reithalle der Klinik etwas bewegen. Das war für ihn gut, denn Boxenhaltung ist er nicht gewöhnt. Es war trotzdem alles sehr aufregend! Er hat viel gewiehert, sich aber am Ende doch zweimal gewälzt.

Saffa „paniert“ sich in der Halle der Klinik.

Am Dienstagmorgen rief ich nach der Visite in der Klinik an und mir wurde mitgeteilt, dass Saffa schon auf dem OP-Tisch liegt. Live dabei war ich also nicht und ich glaube, das war auch besser so. Ich vermute, dass ich es mir nicht hätte ansehen können… Konzentriert arbeiten war ab da leider nicht mehr drin. Irgendwie zeigte die Uhr dann aber doch irgendwann die Mittagspause an und ich rief erneut die Klinik an. Alles war gut gegangen und er stand wieder in seiner Box. Puuuuhhhh… Bis abends sollte er nichts fressen – und ich durfte ich besuchen kommen. Nach Feierabend fuhr ich in die Klinik und fand ihn natürlich etwas schlapp in seiner Box. Die Pfleger zeigten mir die Wunde. Lediglich die Nähte waren zu sehen. Auch keine Schwellung oder Blut. Er blieb dann noch bis Donnerstag zur Überwachung dort und bekam Schmerzmittel und Antibiotika.

Da er beides nicht kannte, war er leider nicht kooperativ bei der Gabe der Medikamente. Ich hätte das Antibiotikum in Pulverform zwar in Mash untermischen können. Das kannte er aber auch nicht. Wir haben es dann mit Müsli und Apfelmus versucht, was er dann, wenn auch sehr zögerlich fraß. Als ich ihn abholte, nahm ich die restlichen Medikamente mit, die ich ihm weiterhin geben musste. Das Schmerzmittel bekam er noch über drei Tage und das Antibiotikum noch eine Woche lang.

Schmerzmittel bekam Saffa auch noch zu Hause.

Die Wunde habe ich jeden Tag kontrolliert und zum Glück keine Auffälligkeiten festgestellt. Die Fäden haben sich nach und nach aufgelöst und Fieber hatte er auch keines.

An den Tagen, an denen er die Medikamente noch bekam, sollte ich ihn nicht sehr viel bewegen. Die Anleitung war: zehn Minuten Schritt. Das war für ihn nicht weiter schlimm, denn er sollte ja erstmal seine Ruhe haben und im neuen Stall richtig ankommen. Nach einer Woche machte ich mit meiner Trainerin einen Termin für den ersten Unterricht aus und wir fingen mit leichter Bodenarbeit an. Das hat ihm gutgetan, sich die Füße zu vertreten und unserer Beziehung zueinander auch.

Jetzt, 19 Wochen nach der Operation ist alles gut verheilt. Mit der Eingliederung in die Herde haben wir sechs Wochen gewartet. Eigentlich hätten es 12 sein sollen. Da aber die einzige Stute in der Herde mit ihrer Besitzerin den Stall gewechselt hatte, konnte ich Saffa schneller in seine neue “Jungs-WG” eingliedern.

Saffa in seinem neuen Zuhause, noch abgetrennt von den anderen Pferden.

Wann ist der richtige Zeitpunkt, einen Hengst legen zu lassen?

Im Schnitt werden Hengste zwischen dem 2. und dem 3. Lebensjahr gelegt. Dann sind sie körperlich schon weiter entwickelt. Bei der Antwort, auf die Frage, wann der wirklich perfekte Zeitpunkt ist, einen Junghengst zu legen, gehen die Meinungen jedoch weit auseinander. Manche lassen ihren Hengst auch schon als Jährling legen. Werden junge Hengste kastriert, verlagern sich die Prioritäten ihrer Weiterentwicklung. Bei Hengsten, die früher gelegt wurden, schließen sich die Wachstumsfugen später, das heißt: Sie werden größer. Allerdings sehen junge Wallache oft aus wie “halbe Hemden.” Die Energie, die sie als Hengst weiter in das Muskelwachstum gesteckt hätten, wird eher in das Wachstum des ganzen Pferdes gesteckt. Manchmal bleiben Junghengste auch länger Hengst, damit sie nochmal an Muskelmasse schieben können. Saffa war zu dem Zeitpunkt von der Statur her und auch am Hals sehr kräftig. Das ist schon etwas weniger geworden. Seither ist er aber auch ein gutes Stück gewachsen. Ob das jetzt an der Kastration liegt, kann ich nicht beurteilen, da er ja noch sehr jung ist und auch so noch ein Stückchen wachsen würde. Nach den ersten drei Wochen war er noch sehr hengstig und das blieb auch noch für ca. drei bis vier Wochen so. Seitdem er aber eine “Aufgabe” hat und ich mit ihm arbeite, ist das fast komplett abgeklungen.

Verheilte Wunde. Die Stelle der Naht ist noch sichtbar.

Soll aber einen Althengst gelegt werden, kann es sein, dass dieser sein Hengst-typisches Verhalten niemals ablegen wird, da das sehr tief verankert sein kann. Auch nicht zu verachten ist, dass das Risiko möglicher Komplikationen höher wird, je älter der Hengst ist. Prinzipiell immer ratsam ist es, die Kastration im späten Winter oder Anfang Frühling durchzuführen, denn dann gibt’s keine Fliegen.

Im nächsten Beitrag gehe ich darauf ein, worauf du beim Jungpferd besonders achten solltest.

Vorherige Beiträge aus dieser Reihe

Teil 1: Saffas Weg vom Jungpferd zum Reitpferd

 

Sonja

Über Sonja

Pferdeverrückt war ich schon immer. Alles fing mit meiner zuerst überschaubaren Schleich-Pferde Sammlung an, die bald ein unüberschaubares Ausmaß annahm. Mit 8 Jahren durfte ich dann bei der örtlichen Jugendfarm mit dem Reiten anfangen. Die Zeit dort war und ist auch heute noch unvergesslich. Als ich dann aus den Ponys dort "rausgewachsen" bin, hatte ich meine erste Reitbeteiligung, auf die dann viele weitere folgten. Nach meinem Studium, Medieninformatik, fing ich an, als Appentwicklerin bei Loesdau zu arbeiten und konnte mir so endlich das erste eigene Pferd leisten. Den Lipizzaner Wallach Saffa. Zu dem Zeitpunkt war er knappe 3 Jahre alt. Jetzt sind wir mitten in der Ausbildung und ich bin gespannt, wohin die Reise uns führen wird. Wenn du mehr über unseren Ausbildungsweg erfahren willst, halte doch mal Ausschau nach der Beitragsreihe "Saffas Weg" :)

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