Verspannte Muskeln beim Pferd lösen – aber wie?

Jedes Pferd besitzt über 500 Muskeln, die ungefähr 40 % der Körpermasse ausmachen und die ihre jeweiligen Aufgaben besitzen. Verspannte Muskeln beim Pferd können sich auf den gesamten Bewegungsablauf und ganz unterschiedliche Körperregionen auswirken. Produktmanagerin Lena legt gerne mal selbst in Form einer Pferdemassage Hand ans Pferd an, um verspannte Muskeln dabei zu unterstützen, sich wieder lösen zu können. Sie erklärt dir, wie’s geht:

Pferde empfinden Massagen als äußerst angenehm. Verspannungen können mit etwas Fingerspitzengefühl beim Abstreichen erkannt werden.

„Muskeln haben unterschiedliche Aufgaben. Neben den Beugern und Streckern gibt es Ein- und Auswärtszieher, Rotatoren etc. Vereinfacht gesagt besteht ein Muskel aus einem Muskelbauch und ist gut durchblutet. An den Enden werden die Muskeln mit den weniger elastischen Sehnen an den Knochen fixiert. Bewegung entsteht durch Kontraktion der Muskeln. Das Kommando für eine Aktion erreicht den Muskel durch Nervenimpulse. Durch chemische Reaktionen schieben sich die verschiedenen Filamente ineinander und verkürzen dadurch den Muskel. Es kommt Zug auf die Sehnen, wodurch beispielsweise das Gelenk gebeugt werden. Muskeln haben ihre Gegenspieler (Antagonisten), die das Gelenk dann wieder in die Ursprungsposition führen können und auch Muskeln, die gleichsinnig arbeiten (Synergisten).

Verspannte Muskeln beim Pferd? Auswirkungen und Ursachen

Das Pferd ist ein Bewegungs- und Fluchttier. Es ist darauf angewiesen, sich bewegen zu können. Ist ein Muskel dauerhaft verspannt, kann dieser nicht mehr korrekt arbeiten und es kann sich auf andere Körperregionen auswirken. Eine gewisse Zeit kann der Körper verspannte Muskeln oder schmerzende Bereiche noch gut kompensieren, mit der Zeit kommt es dann aber zu Bewegungseinschränkungen und das Verletzungsrisiko nimmt zu.

Ursachen für verspannte Muskulatur können sein:

  • Überlastung durch falsches Training
  • Unfälle
  • unpassender Sattel/ Ausrüstung
  • Schonhaltung
  • schiefer Reiter
  • Haltung und Fütterung
  • Exterieur/ Hufstellung

Wichtig sind außerdem die Faszien, eine bindegewebige Hülle, die für Stabilität und Ordnung sorgt und den ganzen Körper durchzieht. Falsche Fütterung, Überlastung und Verletzungen lassen die Faszien verkleben und verspannen. Schmerzen können entstehen. Außerdem kann es zu Bewegungseinschränkungen kommen.

Was kann dem Pferd bei verspannten Muskeln helfen?

Willst du deinem Pferd etwas Gutes tun und verspannte Muskeln lösen, kannst du es zum Beispiel massieren. Durch einfache Massagetechniken kann die Durchblutung im Gewebe erhöht werden und Verspannungen gelöst werden. Auch die Bindung zwischen Mensch und Pferd kann durch die gemeinsame Zeit und Berührung gefördert werden. Schon das Bürsten vor dem Reiten oder das Abreiben mit Stroh oder einem Handtuch nach dem Training erzielt eine durchblutungsfördernde Wirkung. Das kannst du auch hier gut nachlesen.

Schon kleine Verspannungen können sich auf die Bewegungsabläufe beim Pferd auswirken.

Prinzipiell gilt: Durch eine Massage wird die Durchblutung angeregt und die Muskulatur wird besser mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt. Neben der besseren Blutzirkulation kann auch der Lymphfluss positiv beeinflusst werden und der Stoffwechsel kann verbessert werden. Die Muskeln können elastischer werden und durch die Massage unterstützt werden lockerer zu arbeiten. Durch regelmäßiges Massieren entwickelt man ein Gefühl für die unterschiedlichen Körperbereiche und die individuellen Spannungen und kann sein Pferd etwas Gutes tun. Auch beim Putzen kann man bereits beobachten, ob es verspannte Zonen gibt. Erkennbar sind solche Bereiche, da sie härter als der Muskel auf der anderen Seite sind oder weil das Pferd reagiert.

Was muss ich bei einer Massage meines Pferds beachten?

Bei der Massage solltest du aus Sicherheitsgründen verschiedene Dinge beachten. Es empfiehlt sich das Tragen von Sicherheitsschuhen. Außerdem solltest du in einer ruhigen und entspannten Atmosphäre massieren, zum Beispiel an einem Putzplatz mit genügend Platz und gutem Boden. Damit sich das Pferd entspannen kann, solltest du selbst ruhig und gelassen sein. Äußere Faktoren sollten das Pferd nicht ablenken. Beobachte dein Pferd während der Wellnesseinheit genau. Wenn es unruhig wird, kannst du versuchen die Druckstärke oder Geschwindigkeit zu reduzieren. Zeichen für Entspannung können beispielsweise Kauen, Gähnen, Schlecken und Abschnauben sein oder manche Pferde blinzeln, zittern mit den Lippen oder schütteln sich.

Wie oft du in der Woche deinem Pferd eine Wellnesseinheit gönnst, hängt von deiner Zeit ab. Stress sollte bei der Einheit nicht entstehen. Vor dem Reiten kannst du die Muskeln lockern und für die Einheit vorbereiten. Aber auch nach dem Reiten, gerade wenn es anstrengend war, kann eine Massage im Nachhinein der Muskulatur guttun.

Wie massiere ich richtig?

Die Hände sind hier das wichtigste Hilfsmittel. In verschiedene Richtungen und mit unterschiedlicher Druckstärke werden die einzelnen Bereiche massiert. Wichtig ist immer erst sanft zu beginnen und den Druck langsam zu steigern. Das Pferd zeigt, welche Stärke in Ordnung ist. Ruhige und langsame Bewegungen bringen die gewünschte Entspannung eher, als wenn hektische Bewegungen ausgeführt werden. Neben der ganzen flachen Hand sind auch nur Fingerkuppen oder die Fäuste oder die Handballen einzusetzen.

Zu Beginn streiche dein Pferd ruhig mit der flachen Hand sanft ab von vorne nach hinten und beobachte die Reaktion. Kaut oder schleckt es oder reagiert es an einer bestimmten Stelle mit Abneigung? Neben unterschiedlichen Spannungszuständen, auch im Seitenvergleich, kannst du auch unterschiedliche Temperaturen beobachten. Das Abstreichen ist perfekt zur Einstimmung und tut bereits gut.

Wo muss ich massieren, um was genau zu lösen?

Folgende Bereiche profitieren auch während der Einheit von einem Abstreichen: Seitlich der Wirbelsäule vom Widerrist bis zur Kruppe den langen Rückenmuskel (M. longissimus dorsi) mehrmals abstreichen, mit der Zeit je nach Wunsch auch mit etwas mehr Druck.

Auch in Kombination mit kreisenden Bewegungen möglich. Das Pferd kommt nicht zum Loslassen, wenn dieser Muskel verspannt ist. Neben dem Abstreichen im Faserverlauf ist auch eine sogenannte Querfriktion am langen Rückenmuskel gut geeignet. Mit leichtem Druck wird hier von seitlich der Wirbelsäule aus in Richtung Bauch gearbeitet und zurück. Mit den Fingern können hier Verklebungen und Verhärtungen gelöst werden.

Der Arm-Kopf-Muskel (M. brachiocephalicus) ist wichtig für das Vorführen der Vorderbeine und ist an der Seitwärtsbewegung des Halses beteiligt. Ist er verspannt, können Wendungen zum Problem werden.

Auch der Arm-Kopf-Muskel (M. brachiocephalicus) eignet sich zum Abstreichen mit der flachen Hand oder wenn ein wenig mehr Druck notwendig ist, kannst du die Faust zum langsamen Abstreichen nehmen. Dieser Muskel ist wichtig für das Vorführen der Vorderbeine und ist an der Seitwärtsbewegung des Halses beteiligt. Ist dieser Muskel verspannt, können Wendungen zum Problem werden und die Vorhand kann nicht mehr so elastisch vorschwingen. Der Muskel kann entweder komplett abgestrichen werden oder es kann mit kreisenden Bewegungen der Halsansatz massiert werden. 

Gerne verspannt ist außerdem die Sitzbeinmuskulatur (M. semitendinosus, M. semimembranosus). Diese Muskeln sind wichtig für die Hinterhand und können sich bei Verspannungen auf die Trittlänge auswirken. Die beiden nebeneinanderliegenden Muskeln können mit der flachen Hand ausgestrichen werden oder quer zum Faserverlauf mit angepasstem Druck massiert werden.

Wenn die Sitzbeinmuskulatur verspannt ist, kann sich das auf die Trittlänge auswirken.

Eine weitere Möglichkeit sind kreisende Bewegungen. Entweder mit der flachen Hand oder mit den Fingerkuppen wird hier auf einer bestimmten Stelle gekreist. Mit der Zeit auch mit mehr Druck möglich. Geeignet für diese Technik ist zum Beispiel der Kaumuskel (M. masseter). Einseitig starke Einwirkung, falsches Gebiss, Zahnprobleme oder zu enge Trensen können hier zu Verspannungen führen. Es kann zu Problemen beim Kauen oder auch zu Problemen in der Anlehnung kommen. Der Bereich eignet sich für ein sanftes Kreisen, aber auch Abstreichen ist möglich.

Probleme beim Kauen oder in der Anlehnung? Eine leichte Massage des M. Masseter, also des Kaumuskels, kann Abhilfe schaffen.

Auch der Bereich hinter den Ohren ist gut geeignet für eine kreisende Massage. Hängt sich das Pferd im Halfter auf oder verwirft sich das Pferd aus unterschiedlichen Gründen, kannst du versuchen die Zone mit einer lockeren Massage zu entspannen. Die Fingerkuppen kreisen mit individueller Druckstärke. Mit der Zeit lassen die Pferde oft den Hals fallen.

Der Bereich hinter den Ohren ist gut geeignet für eine kreisende Massage.

Ein weiterer wichtiger Muskel ist der Trapezmuskel. Er lässt sich gut mit kreisenden Bewegungen abreiben.

Den Trapezmuskel lockerst du mit kreisenden Bewegungen.

Viele Pferde haben eine verspannte Oberlinie. Der Mähnenkamm lässt sich gut Kneten. Wie bei einem Teig kannst du diesen zwischen den beiden Händen langsam hin und her schieben. Begonnen wird am besten knapp vor dem Widerrist bis etwa eine Handbreit hinter die Ohren und langsam wieder zurück.

Den Mähnenkamm massierst du am besten, indem du ihn knetest wie einen Teig.

Auch die Zwischenrippenmuskulatur kann gelöst werden. Hierzu „kämmst“ du dich mit den Fingern sanft durch die Zwischenräume. Beginne etwa eine Handbreit seitlich der Wirbelsäule zwischen den Rippen und fahre langsam nach unten.

Auch die Zwischenrippenmuskulatur kann gelöst werden.

Für weitere Tipps und Informationen empfehle ich dir folgende Bücher:

Ein beliebter Klassiker mit zahlreichen anatomischen Erklärungen und Erläuterungen zu verschiedenen Problembereichen. Ein Schwerpunkt wird zudem auf die Biomechanik gelegt. Im zweiten Teil des Buches wird eine Vielzahl an Massagetechniken sowie Dehnübungen und weitere Maßnahmen beschrieben.

Ein neues Buch mit zahlreichen Informationen rund um die gezielte Massage der wichtigsten Muskeln. Außerdem werden weitere Wellnessanwendungen zur Unterstützung beschrieben:

 

Zur Kombination von Putzen und Massage eignet sich neben den herkömmlichen Putzutensilien auch unser Massagehandschuh. Man kann zwischen der Seite mit Gumminoppen und der Seite mit Magnetkugeln wählen.

Wichtig: Dieser Artikel ersetzt keinen Tierarzt oder Therapeuten.

Experten von Loesdau

Über Experten von Loesdau

Die meisten Loesdau Mitarbeiter sind entweder selbst Pferdebesitzer oder Reiter, zumindest aber Pferdeliebhaber. Sie reiten Dressur oder Western, sind Springreiter oder Züchter, Pferdefotograf oder -physiotherapeut, Trainer oder Reitlehrer. Sie sammeln ständig Eindrücke in allen Belangen rund um ihre Vierbeiner und bilden sich auf ihrem Spezialgebiet ständig fort. Außerdem machen die Kolleginnen und Kollegen permanent neue, interessante Erfahrungen, treffen wiederum Spezialisten und wissen in Sachen Pferd definitiv Bescheid. So ist jeder auf seinem Gebiet ein echter Experte und immer up-to-date. Aktuell bedeutendes Wissen erhalten sie in Seminaren, Kursen oder Lehrgängen.

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