Das richtige Gebiss fürs Pferd – Teil 1

Wer das richtige Gebiss fürs Pferd finden möchte, sollte sich mit diesem Thema eine Weile beschäftigen. Denn: Gebisse sind wohl eines der am heftigsten diskutierten Themen im Pferdesport. Nicht nur, ob überhaupt ein Gebiss verwendet werden soll, wird heiß diskutiert. Auch, welche Form das Gebiss haben und aus welchem Material es am besten gefertigt sein soll, beschäftigt die Gemüter. Die Gebiss-Hersteller forschen unentwegt, um DAS Gebiss-Material schlechthin zu finden.

Lea, unsere Produktmanagerin für Gebisse, hat viele Tipps für euch, wie ihr die richtige Größe für das Gebiss eures Pferdes herausfindet und geht auch auf die unterschiedlichsten Materialien ein, um euch bei der Suche nach einem geeigneten Gebiss für euer Pferd zu unterstützen:

„Generell hängt die Wahl des Gebisses natürlich vorrangig vom Verwendungszweck und dem Ausbildungsstand von Pferd und Reiter ab. Tritt beim Reiten ein Problem, insbesondere bezüglich der Durchlässigkeit auf, wird gerne Hilfe in Form eines neuen Gebisses gesucht. Ein Gebiss kann jedoch nie ein grundsätzliches Pferd/Reiter-Problem lösen. Es kann immer nur unterstützend wirken und dafür sorgen, die Reiterhilfen besser beim Pferd ankommen zu lassen. Voraussetzung ist immer ein gesundes, solide ausgebildetes Pferd sowie eine stets fein einwirkende Reiterhand. Bei Unsicherheiten sollte immer erst ein Fachmann zu Rate gezogen werden, der das Vermögen von Pferd und Reiter richtig einschätzen und Hilfestellung bieten kann.

Grundsätzlich lässt sich zur Anpassung eines Gebisses sagen, dass die Stärke des Gebisses, also die Dicke des Mundstücks, von der Größe des Pferdes bzw. dem verfügbaren Platz im Maul abhängt.

Die richtige Dicke des Gebisses

Früher wurde häufig die Aussage getroffen, dicke Gebisse seien weicher in ihrer Wirkung als dünnere. Dies ist ein weitverbreiteter Irrglaube; die Einwirkung des Reiters entscheidet zu allererst über die Schärfe des Gebisses. Ein dünneres Gebiss gibt die Hilfen des Reiters oft direkter und genauer weiter. Diese feine Hilfengebung sollte das Ziel eines jeden Reiters sein. Findet ein zu dickes Gebiss zu wenig Platz in einem kleinen Maul, richtet es dauerhaft mehr Schaden an, als ein passendes, dünneres Gebiss. Nach einer Untersuchung der Firma Sprenger in Zusammenarbeit mit der Tierärztlichen Hochschule Hannover, bei der ca. 70 Pferdeköpfe vermessen wurden, sind die Maulhöhlen der Pferde deutlich kleiner als bisher angenommen. Der Platz für Gebisse ist daher geringer als angenommen. Die Zunge füllt im nicht kontrahierten Zustand nahezu die gesamte Maulhöhle aus und wirkt wie ein Polster.

Gebiss messen
So findet ihr die richtige Gebissgröße!

So ermittelt ihr die Gebissweite

Die Firma Sprenger hat deshalb den 2-Fingertest entwickelt, um einen Anhaltspunkt für die Gebiss-Stärke zu geben: ‚Sie können die richtige Gebissweite mit Hilfe des Zwei-Finger-Tests ermitteln. Hierzu legen Sie einfach die zusammengelegten Zeige- und Mittelfinger an die Stelle ins Pferdemaul, an der das Gebiss eingelegt wird. Ist der Abstand zwischen der oberen und unteren Lade gering, verspüren Sie Druck auf beiden Fingern. Die empfohlene Stärke liegt dann bei 14 – 16 mm. Bei größerem Abstand zwischen oberer und unterer Lade verspüren Sie kaum Druck auf den Fingern. Die empfohlene Stärke liegt dann bei 16 – 18 mm.‘ (Leitfaden zur Gebissauswahl, Schritt 3, Herm. Sprenger GmbH Metallwaren)

Zwei Finger Test Gebisse

Nach der LPO 2013 gilt auf Turnieren für Gebisse bei Ponys (bis 1,48 m Stockmaß) eine Stärke zwischen 10 mm – 18 mm und nicht weniger als 8 mm an der dünnsten Stelle. Für Gebisse bei Pferden gilt eine Stärke von 14 mm – 21 mm, auch hier muss das Gebiss an der dünnsten Stelle mindestens 8 mm stark sein. Weiter heißt es in der LPO; die Stärke der Gelenke bzw. des Mittelstücks bei doppelt gebrochenen Gebissen liegt zwischen 14 und 21 mm (Pferde) und 10 bis 18 mm (Ponys). Die Länge des Mittelstücks darf max. 4 cm betragen und es muss runde Konturen in allen Dimensionen und eine glatte Oberfläche betragen. Damit sind sog. French Links vom Turniersport ausgeschlossen.

Gemessen wird die Gebissweite bei Wassertrensen vom Anfang des Ringlochs (innen) bis zum Anfang des zweiten Ringlochs (innen). Das ist der Teil, der zwischen den Gebissringen liegt. Bei korrekter Verschnallung sollten rechts und links ca. 5 mm Platz zwischen der Lefze und dem Gebissring sein. Die Gebisse dürfen die Maulwinkel nicht einklemmen und zwischen Maulwinkel und Gebissring nicht mehr als 0,5 cm herausragen, wenn das Gebiss im Maul liegt. Gebisse mit festen Seitenteilen (Kandaren, Pelhams, Schenkeltrensen, Olivenkopfgebisse..) sollten immer eine Nummer kleiner als Ringtrensen gewählt werden, denn durch ein exaktes Anliegen der Seitenteile der Gebisse an den Pferdekopf wird eine zusätzliche seitliche Einwirkung ermöglicht.

Kandaren und Unterlegtrensen

Die Unterlegtrense sollte in Form und Weite ähnlich der verwendeten Standardtrense gewählt werden. Die Kandare liegt unterhalb der Unterlegtrense im Pferdemaul. An dieser Stelle wird das Maul schmaler, weshalb die Kandare ½ bis 1 Nummer kleiner gewählt werden sollte als die Unterlegtrense. Wichtig ist zudem die korrekte Verschnallung des Gebisses. In den Richtlinien für Reiten und Fahren Band 1, S. 41 (Aufl. 2000) ist die Verschnallung des Gebisses in der Trense in der sogenannten „Zwei-Falten-Regel“ wie folgt beschrieben:

‚Das Zaumzeug ist richtig verpasst, wenn das Gebiss dicht an den Maulwinkeln des Pferdes liegt und zwei Falten in den Lefzen entstehen.‘

Auch ein verwendetes Reithalfter hat Einfluss auf die korrekte Wirkung des Gebisses. Hier gilt nach den Richtlinien für Reiten und Fahren der FN die ‚Ein-Finger-Regel‘: Der Nasenriemen…wird so eingeschnallt, dass mindestens ein Finger zwischen Nasenbein des Pferdes und Nasenriemen Platz hat.‘

 

Häufig verwendete Materialien für Gebisse

Edelstahl: Eisen, Chrom und Nickel-Legierung. Geschmacksneutral. Hohe Festigkeit. I.d.R. Härtung durch Nickel. Oxidiert nicht, kann allerdings unter Umständen problematisch bei einer Nickel-Allergie sein.

Wassertrense-Edelstahl-Pferd
Wassertrense aus Edelstahl von Horse-Friends

Titan: leicht, korrosionsbeständig, stoßfest, bioverträglich, nichtmagnetisch, geringe Wärmeleitung. Besonders langlebig und widerstandsfähig. Nahezu kein Verschleiß der Gebisse. Beständig gegenüber den sich im Maul des Pferdes befindlichen Säuren und Basen. Hohe Festigkeit. Oxidiert nicht. Für Allergiker-Pferde geeignet (kein Allergen-Potenzial).

Titan-Gebiss-Pferd Lorenzini
Olivenkopfgebiss aus Titan von Lorenzini

Argentan: Kupfer, Zink und Nickellegierung. Härtung durch Nickel. Oxidiert, dadurch vermehrter Speichelfluss. Problematisch bei Nickel-Allergie.

Argentan-Gebiss-Pferd
Unterlegtrense aus Argentan von Sprenger

Golden Brass: Kupfer, Aluminium und Eisen-Legierung. Nickel- und Zink-frei. Angenehme Wärme. Hohe Festigkeit. Wird durch den Kupferanteil gut akzeptiert.

Golden-Brass-Gebiss-Pferd
Olivenkopf-Wassertrense aus Golden Brass von Horse-friends

Aurigan: Kupfer, Zink und Silizium-Legierung. Hohe Festigkeit. Lange Lebensdauer. Starkes Oxidationsverhalten. Kann zu erhöhtem Speichelfluss führen.

Aurigan-Gebiss-Pferd
Olivenkopf-Wassertrense aus Aurigan von Sprenger

Sensogan: Kupfer, Mangan, Zink-Legierung. Pflegeleicht. Gezielte und dosierte Anregung der Speichelbildung durch langsames Oxidationsverhalten.

Sensogan-Gebiss-Pferd
Olivenkopf-Wassertrense aus Sensogan von Sprenger

Sweet Iron/Blue Steel: Gebrannter und dadurch blauer ‚Sweet Iron‘ für die Mundstücke in Kombination mit Edelstahl. Entwickelt durch den Kontakt mit (Luft-)Feuchtigkeit Oberflächenrost, der süß schmeckt und die Speichelbildung auf natürliche Weise anregt. Durch den Rostvorgang (Oxidation) verändert sich die blaue Farbe mit der Zeit in braungrau.

Trust Gebisse Veraenderung
Durch den Rostvorgang (Oxidation) verändert sich die blaue Farbe mit der Zeit in braungrau.

Kunststoff/Gummi: Mittlerweile gibt es verschiedenste Kunststoffe und Gummimaterialien mit unterschiedlich flexiblem Kern.

Kunststoffgebiss-Nathe-Wassertrense
Wassertrense aus Kunststoff von Nathe

Leder: Wird von Pferden gerne angenommen. Quillt durch das Einspeicheln auf und wird weich. Dadurch passt sich das Ledergebiss gut der Anatomie im Pferdemaul an.

Original-Merothisches-Ledergebiss
Original Merothisches-Ledergebiss

 

Ältere und häufig benutzte Gebisse sollten regelmäßig vor allem an den Ringlöchern auf scharfe Kanten untersucht werden. Scharfkantige oder deutlich ausgeschlagene Gebisse können Verletzungen verursachen und sollten nachgeschliffen oder ausgetauscht werden.
Verfärbungen auf dem kupferhaltigen Material sind kein Grund zum Austausch eines Gebisses. Sie entstehen durch den natürlichen Oxidationsvorgang und können durch gründliche Reinigung, zum Beispiel mit der Sprenger Diamond Reinigungspaste Art. 7128 einfach wegpoliert werden.

Sprenger bietet für Gebisse aus Aurigan und Argentan den Service an, diese durch Polieren und Schleifen wieder aufzubereiten. Auch scharfkantige Ringlöcher, die nach langjährigem Gebrauch entstehen können, können durch Schleifen repariert werden. Voraussetzung ist, dass das jeweilige Gebiss ansonsten in völlig unbedenklichem und komplett einsatzfähigem Zustand ist.“

Lea wird euch in einem weiteren Blog-Beitrag die unterschiedlichen Gebissarten, ihren Verwendungszweck sowie ihre angenommene Wirkweise vorstellen! Bleibt also dran – am Loesdau Blog!

Übrigens findet ihr auch im Loesdau Shop eine Anleitung zum korrekten Ausmessen des Gebisses.

 

Quellen:

Herm. Sprenger GmbH Metallwaren, Iserlohn

Dr. Peter Witzmann, Leinfelden-Echterdingen, Lage der Gebisse im Pferdemaul, 2012

Gebisse Zäume Sättel, Andrea von Borries, Ulmer, 1. Aufl. 1998

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Über Experten von Loesdau

Die meisten Loesdau Mitarbeiter sind entweder selbst Pferdebesitzer oder Reiter, zumindest aber Pferdeliebhaber. Sie reiten Dressur oder Western, sind Springreiter oder Züchter, Pferdefotograf oder -physiotherapeut, Trainer oder Reitlehrer. Sie sammeln ständig Eindrücke in allen Belangen rund um ihre Vierbeiner und bilden sich auf ihrem Spezialgebiet ständig fort. Außerdem machen die Kolleginnen und Kollegen permanent neue, interessante Erfahrungen, treffen wiederum Spezialisten und wissen in Sachen Pferd definitiv Bescheid. So ist jeder auf seinem Gebiet ein echter Experte und immer up-to-date. Aktuell bedeutendes Wissen erhalten sie in Seminaren, Kursen oder Lehrgängen.

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