In unserer neuen Blogreihe von der Bodenarbeit zur Freiarbeit behandeln die beiden Bloggerinnen Anni und Jana von Flourishalona die Körpersprache als Basis. Nachdem sie dir in Teil 1 bereits wichtige Grundlagen und eine Übung vorgestellt haben, erklären sie dir in Teil 2 eine weitere Übung zum Nachmachen. Viel Spaß!
Übung 2: Bewegung in Harmonie mit dem Pferd
Du kannst diese Übung mit einem einfachen Stallhalfter und einem Führstrick angehen. Es kann jedoch auch Sinn machen, schon hier frei zu beginnen, weil zusätzliche Ausrüstung immer auch unsere Körpersprache beeinflusst. Durch die physische Kontrolle über das Seil bekommen wir keine direkte und unverfälschte Rückmeldung zu unserer Körpersprache. Manche Pferde sind allerdings verunsichert, wenn wir plötzlich das Seil abmachen. Diesen Pferden lassen wir anfangs die Sicherheit der Gewohnheit und nehmen den Führstrick erst nach einigen Einheiten ab.
Wir beginnen diese Übung, indem wir uns neben das Pferd stellen und es dazu einladen, mit uns loszugehen. Das Pferd einzuladen bedeutet, dass wir einen Vorschlag machen, ohne das Pferd unter Druck zu setzen, darauf zu reagieren. Wir möchten erkennen, ob es die Signale unseres Körpers versteht und bereit ist, diesen zu folgen. Um das Pferd zu motivieren arbeiten wir persönlich mit positiver Verstärkung und Futterlob.
Nun stehst du also neben dem Pferd und wählst intuitiv eine Bewegung, von welcher du denkst, sie könnte dein Pferd dazu veranlassen, loszugehen. Und nichts passiert. Das ist jedenfalls das, was wir häufig beobachten: Wenn wir einen kleinen Teil des Umgangs ändern – z.B. auf den Führstrick verzichten oder uns gedanklich darauf einstellen, das Pferd zu fragen statt zu fordern – dann zeigen die Pferde häufig erstmal gar keine Reaktion mehr. Wir Menschen neigen dann dazu, mehr zu machen, damit wir dennoch bekommen, was wir wollen. Das Pferd ist aber gerade dabei, nachzudenken und die veränderte Situation zu erfassen. Außerdem ist die Körpersprache für das Pferd häufig nicht nachvollziehbar oder sie sind es gewohnt, durch Zug am Strick, Wedeln mit der Gerte oder energetisches Antreten des Menschen zum Loslaufen aufgefordert zu werden und erkennen noch nicht, dass ihr Mensch nun versucht, ganz leise und fein mit ihnen zu kommunizieren.
Lasse deinem Pferd daher Zeit, über deine Frage nachzudenken. Sobald du eine minimale Reaktion erkennst, lobe dein Pferd. Es muss sich dabei nicht einmal um die in deinen Augen richtige Reaktion handeln. Wichtig ist erst einmal, dass dein Pferd versteht, dass es auf leichte Veränderungen deines Körpers reagieren soll. Wichtig ist, dass es beginnt nachzudenken und sich dir gedanklich zuzuwenden. Die Präzisionsarbeit folgt dann später.
Welche subtile Körpersprache können wir zum Losgehen nutzen?
Du stehst neben dem Pferd und verteilst dein Gewicht gleichmäßig auf deinen Füßen. Mit deiner Einatmung wächst du in Richtung Himmel und aktivierst deinen Körper. Dein Blick ist weiterhin nach vorn gerichtet, dorthin, wo du mit dem Pferd hinlaufen möchtest. Aus dem Augenwinkel beobachtest du die Reaktion deines Pferdes. Ohne deine leichte Grundspannung zu verlieren, lehnst du dich leicht nach vorn, als wolltest du loslaufen. Du kannst auch schon ein Bein langsam nach vorn setzen. Bewege dich langsam, fast wie in Zeitlupe, um deinem Pferd die Chance zu geben, schon früh auf deine Bewegung zu reagieren, wie hier im Video.
Das Ziel besteht darin, dass das Pferd schließlich synchron mit dir angeht. Wenn ihr das gut geübt habt, wird man nicht mehr erkennen, wer zuerst losgegangen ist. Ihr bewegt euch wie eine Einheit – im harmonischen Gleichklang.
Falls das Losgehen auf diese Art nicht funktioniert, kannst du ganz frei mit deinem Körper experimentieren. Wenn es gar nicht klappt, dann kommt erstmal durch eure bekannten Signale in Bewegung und entwickelt in Bewegung eine feinere körpersprachliche Kommunikation. Es ist jedoch essentiell, dass wir die kleinen Reaktionen unserer Pferde so früh wie möglich (!) loben. Nur so können die Pferde verstehen, dass sie auf diese Signale achten und darauf reagieren sollen. Unterschätze die Anforderung nicht, die diese Aufgabe an dich und dein Pferd stellt und lasse euch Zeit, mit dieser Idee auf eure Art zu experimentieren.
Für die ersten Einheiten in der Bodenarbeit kannst du folgende Frage in den Vordergrund stellen: Wie leise kann ich fragen und was antwortet mein Pferd?
Weiterführende Arbeit
Deine Frage an das Pferd kann dabei in jeder Bewegung bestehen, die du dir vorstellen kannst. Beginne mit relativ einfachen Aufgaben wie geradeaus gehen, eine Kurve gehen, Tempo erhöhen und verlangsamen und anhalten. Wenn das funktioniert, könnt ihr euch auf einen Zirkel begeben. Hier treten meist schon erste Schwierigkeiten mit der Balance auf. Es fällt uns Menschen ziemlich schwer, eine gleichmäßige Zirkellinie zu laufen. Oft fallen wir selbst mit unserem Gewicht in die Zirkelmitte hinein oder unsere Hüfte schiebt in Richtung des Pferdes. Das Pferd reagiert entsprechend und fällt ebenfalls (und aufgrund seiner eigenen Schiefe) auf die innere Schulter oder driftet nach außen weg.
Korrigiere das Pferd nicht, denn es antwortet ja ganz richtig auf deine körpersprachlichen Signale – überprüfe stattdessen zunächst deine eigene Haltung. Kannst du herausfinden, was dein Körper in diesem Moment tut? Wie trägt die Position, die Ausrichtung und Balance deines Körpers dazu bei, dass dein Pferd auf die innere Schulter fällt, über die äußere Schulter ausfällt, beim Anhalten mit der Hinterhand ausschert, dich überholt oder hinter dir her schleicht? Wenn du das herausgefunden hast, verändere bewusst z.B. wie in der Körperwahrnehmungsübung deine Gewichtsverteilung auf deinen Füßen, die Ausrichtung deiner Schultern und Hüfte oder deine Aufrichtung und beobachte, wie das Pferd darauf reagiert.
Wenn du verstehst, wie du diese Art der Bewegung veranlasst, kannst du auch eine andere Bewegung veranlassen.
Du kannst den Zirkel vergrößern und verkleinern, indem du deinen eigenen Körper auf die neue Linie ausrichtest. Achte dabei vor allem auf deine Hüfte und die Gewichtsverteilung auf deinen Füßen. Liegt dein Gewicht auf deinem äußeren Fuß, so bewegt sich deine Hüfte in Richtung des Pferdes. Das Pferd spiegelt diese Bewegung und vergrößert den Zirkel. Platzierst du dein Gewicht vermehrt auf dein inneres Bein, so schwingt deine Hüfte vom Pferd weg und lädt es so dazu ein, den Zirkel zu verkleinern.
Wenn du all das übst, hast du schließlich eine Fülle an Signalen, mit denen du die Bewegung deines Pferdes beeinflussen kannst. Ihr habt euch gemeinsam eine Sprache erarbeitet, mit der ihr euch über die gemeinsame Richtung und viele weitere Details wie Gangart oder vielleicht sogar Energielevel innerhalb einer Gangart austauschen könnt. Diese Arbeit kannst du ausbauen, indem du die Deutlichkeit deiner Signale reduzierst, bis es nur noch ein fast unsichtbarer Gedanke ist, der dich und dein Pferd leitet. Eure Sprache wird immer komplexer und feiner und die Bodenarbeit entwickelt sich mehr und mehr zu einem Tanz.
Fazit
Um eine fast unsichtbare körpersprachliche Kommunikation aufzubauen ist es also notwendig, dass du dich dem Pferd gegenüber achtsam verhältst, aufmerksam beobachtest und deine Bewegung immer wieder anpasst. Ebenso wichtig ist das gezielte und prompte Belohnen, um das Interesse und die Motivation deines Pferdes zu fördern. Was richtig und was falsch ist, sagt dir dein Pferd. Du darfst experimentieren, austesten was passiert und dabei eure ganz individuelle körpersprachliche Kommunikation entwickeln.
Viel Freude mit deinem Pferd wünschen dir
Jana und Anni von Flourishalona
Weitere Tipps und Ideen zur freien Arbeit mit euren Pferde könnt ihr euch bei Flourishalona auf www.instagram.com/flourishalona oder in ihrem Blog anschauen.
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