Beim Longieren können optimale Trainingseffekte erzielt werden, vorausgesetzt einige Basics werden beachtet: „Um Pferden keinen Schaden durch Überlastung zuzufügen, müsst ihr beim Longieren ein paar wichtige Dinge wissen: Pferde laufen in der Natur nicht im Kreis, zumindest nicht über mehrere Runden. Als Fluchttier geht es immer auf dem schnellsten Weg geradeaus, schnell weg vom Raubtier“, erklärt Alex, Filialleiterin im Pferdesporthaus Loesdau Villingen. Sie ist auch Voltigierwart und kennt sich daher sehr gut aus, wenn es ums Longieren geht. Einige wichtige Tipps hat sie für euch in Bildern, Videos und Worten zusammengefasst:
„Beobachte ich ein nicht ausbalanciertes Pferd an der Longe, so fällt mir auf, dass der Hals als Balancierstange genutzt und nach außen getragen wird. Nur so bekommt es die Kurve. Das könnt ihr nur in den schwunghaften Gangarten, also im Trab und im Galopp sehen. Ein links hohles Pferd biegt sich gerne nach links und ist in der Rechtsbiegung steifer. Das muss korrigiert werden, um Schäden an den Sehnen oder einer falschen Bemuskelung vorzubeugen. Wie gelingt das beim Longieren?
Zunächst muss das Pferd lernen in einem ruhigen Grundtempo auf einem großen Zirkel alle drei Grundgangarten auszubalancieren und die Stimm-, Longen- und Peitschenhilfen kennen zu lernen. Außerdem muss es prompt darauf reagieren. Auf keinen Fall darf das Pferd in einem zu hohen Tempo an der Longe herum geschleudert werden. Es ist auch nicht sinnvoll, mehrere Bocksprünge zu tolerieren, da sich Pferde gerne losreißen oder unkontrolliert an der Longe werden. Dieses gefährdet das Pferd und den Longenführer. Beherrscht das Pferd die drei Grundgangarten in einem ruhigen Tempo, kann es an Hilfszügel gewöhnt werden. Ich finde, Dreieckszügel, nicht zu kurz verschnallt, eignen sich am besten. Korrekt eingeschnallt geben sie dem Pferd eine Begrenzung und Sicherheit. Wichtig ist, dass die Dreieckszügel ruhig und ohne zu hakeln durch die Ringe des Gebisses oder Kappzaumes gleiten. Ihr könnt auch mal andere Hilfszügel ausprobieren. Aber achtet darauf, dass:
- keine gegensätzlichen Impulse (Genickdruck – Mauspalte hochziehen) entstehen
- es maul- und nasenschonend ist.
Das Pferd darf sich mit Hilfszügel niemals aufrollen oder hinter die Senkrechte begeben. Ist dies der Fall, muss sofort gehandelt werden.
Auch sollten tierschutzwidrige Zwangsmaßnahmen wie „Nase tief, sonst schnür ich dir die Luft ab“ selbstverständlich unterbleiben. Auf dem Markt gibt es viele verschiedene Hilfszügel. Der Dreieckszügel hat sich aber bei meiner Arbeit als Voltigierwart in der Ausbildung der Pferde immer wieder bewährt. Ich greife nur auf ihn zurück.
Wie baue ich die Longeneinheit auf?
- 15 Minuten Schritt mit Bodenarbeit oder spazieren gehen, um die Durchblutung der Beine anzuregen und die Gelenkschmiere zu aktivieren.
- unausgebundenes Longieren im Schritt, Trab, Galopp, rechte und linke Hand, eventuell über Stangen, um die Muskulatur nicht gleich zu überfordern.
- Dehnt sich das Pferd, kann es ausgebunden werden.
- Dehnt sich das Pferd, kann auch zu unkonventionellem Longieren übergegangen werden, um schwierigere Lektionen, je nach Stand der Ausbildung, abzufragen.
- Nun erfolgen viele Übergänge. Das Pferd sollte nicht stundenlang im Kreis laufen, sondern wach und prompt an den Hilfen stehen. Diese müssen klar und deutlich gegeben werden.
Trab-Galopp-Übergänge stärken die Rückentätigkeit. Diese sollten von einer halben Runde auf vier Tritte reduziert werden können, um ein geschmeidiges und durchlässiges Pferd zu bekommen. Um die Versammlung zu fördern, sind Trab-Halten-Trab, Galopp-Schritt-Galopp, Zirkel verkleinern und vergrößern oder Tempiwechsel sinnvoll. Eine hervorragende Übung, um die ersten versammelten Galopptritte zu bekommen, ist aus einer Volte in der Ecke aus dem Schritt anzugaloppieren. Vergesst nicht ständige Handwechsel, um beide Seiten gleichmäßig zu gymnastizieren. Was auf der einen Seite funktioniert, muss nicht unbedingt auf der anderen Seite klappen. Schnaubt das Pferd ab und beginnt sich zu dehnen, sollten ab jetzt die Ausbinder wieder herausgenommen werden. Trab und Galopp in Dehnhaltung, evtl. über Stangen, lockern den Rücken und beenden die Longenarbeit. Länger als 30 Minuten sollte auf keinen Fall longiert werden, da es durch die größere Belastung auf Gelenke und Sehnen auf einem Zirkel sonst zu Schäden kommen kann.
Ein korrektes Aufnehmen der Longe ist Voraussetzung für ein gefahrloses Longieren. Die Peitsche ist ein sehr gutes Hilfsmittel, um gezielt die treibende Hilfe des Schenkels zu ersetzen. Sie sollte nie als Strafe eingesetzt werden. Alle Pferde sollten, ohne zu zappeln oder Angst zu zeigen, mit der Peitsche abgestrichen und berührt werden können. Angst ist hier fehl am Platz. Vertrauen und Respekt sind die Voraussetzung. Für ein gezieltes Einsetzen der Peitsche erfordert es eine hervorragende Treffsicherheit, sonst sind die Hilfen sinnlos. Wildes Peitschen oder Rennen stört die Balance des Pferdes. Reagiert das Pferd nun fein auf die Hilfen, kann auch ohne Ausbinder geübt werden. Angaloppieren aus der Volte in einer Ecke aus dem Schritt wird das Pferd nun gut ausbalanciert in einer schönen Selbsthaltung zeigen.
Möchte man noch einen Schritt weiter gehen, kann die Doppellonge eingesetzt werden.
Es ist immer darauf zu achten, keinen Zug und schon gar keine Dauerspannung aufzubauen.
Eine Warnung vorab: Lassen Sie sich den korrekten Gebrauch und das sichere Beherrschen einer Doppellonge zeigen und erklären. Viele üble Unfälle sind durch ein zu unbedarftes Longieren mit der Doppellonge passiert. Das muss unbedingt vermieden werden. Die Doppellonge gehört nur in erfahrene, vorsichtige Hände, da allein schon das Eigengewicht der Longe einen unheimlich festen Zug auf das Pferdemaul ausüben kann. Ich schnalle einen Sporenriemen zwischen Trensenring und Reithalfter, damit sich der Zug auf Nase und Maul verteilt. Richtig angewendet, können viele gymnastizierende Übungen mit schnellen Handwechseln bis in die Versammlung erfolgen. Es ist immer darauf zu achten, keinen Zug und schon gar keine Dauerspannung aufzubauen. Das Pferd darf niemals hinter die Senkrechte gezogen werden, sondern sollte sich zur Entspannung vorwärts-abwärts dehnen dürfen.
Eine andere Art ist die unkonventionelle Doppellonge. Diese kann mit Kappzaum und Rebschnur erfolgen. Allerdings ist hier ein perfekt an die Hilfen abgestimmtes Pferd nötig. Unausgebunden können einfache Galoppwechsel durch den Zirkel, spanischer Trab, spanischer Schritt und angaloppieren aus dem Halten spielerisch erarbeitet werden. Dem Pferd gelingt es, sich in eine Selbsthaltung zu begeben. Es zeigt völlig frei eine natürliche Versammlung. Dies ist die schönste Art, die es dann auch zu bewundern gilt. Pferde lernen am Besten durch Lob. Viel Spaß macht das Longieren den Pferden, wenn wir Menschen sie auch für frei erfundene Übungen loben.
Klein Ronja hat mir auf diese Weise den spanischen Trab gezeigt. Sie fing an sich plötzlich zu konzentrieren, um die Vorderbeine im Trab immer höher zu nehmen. Dies tat sie ohne Kommando und es macht ihr unheimlich Spaß.
So, nun wünsche ich euch viel Spaß beim Longieren. Für Fragen oder Unterricht stehe ich gerne mit meinen Erfahrungen zur Seite.
Mehr zum Thema Longieren findest du hier:
Präzises Longieren: Kappzaum Profi von Loesdau
Bodenarbeit mit der Doppellonge – Der Reitsport Blog (loesdau.de)
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„Maul und Nasenschonend“ sind absolut keine Hilfszügel. Bei jedem Schritt bekommt das Pferd nen Ruck ins Maul. Egal bei welcher Ausführung. Da ist es klar dass „sich Pferde gerne losreißen oder unkontrolliert an der Longe werden“. Denkt mal nach ob ihr diese „Hilfe“ wirklich braucht. Danke
Hallo was kann ich denn machen wenn mein Pferd immer nur auf mich zurennt und erst garnicht auf den Zirkel will ?
tolle Bilder und Videos… so schön sollte aussehen!
Hallo ich bin zufällig auf diesen Blog gestoßen und finde ihn sehr hilfreich. Klasse da kann ich als Anfängerin viel nachlesen.