Arbeiten im Ausland? Ja, auf einem Reiterhof

Ein Jahr raus aus dem Alltag, ab ins Ausland und rein in die Arbeit auf einem Reiterhof? Falls ihr davon träumt, dann wird euch interessieren, was Anna euch zu berichten hat. Sie ist nun schon acht Monate in Irland auf einem Reiterhof: „Ja – ich lebe den Traum jedes kleinen Mädchens: Ich werde dafür bezahlt den ganzen Tag im Stall zu sein.“

Pferd liegt im Sand
Ein Traum wurde für Anna wahr: Sie arbeitet seit acht Monaten auf einem Reiterhof in Irland.

„Wenn Leute nach ihren ersten Eindrücken über Irland befragt werden, antworten die meisten immer gleich: Irland, die grüne Insel, auf der es ununterbrochen regnet. Im Sommer ist es ganz angenehm, aber der Winter ist schrecklich. Ich dachte, das seien die besten Voraussetzungen für jemanden wie mich! Mit meinem vergleichsweise spärlichen Englisch und wenig Begeisterung für andauernde Regengüsse, entschloss ich mich dennoch, als workawayer für ein halbes Jahr nach Irland zu gehen. Workaway? Kennt ihr nicht? Dann möchte ich das Konzept der Seite workaway.info hier kurz erklären: Auf dieser Seite können, ähnlich wie auf Facebook, Profile erstellt werden mit Bildern und einem eigenen Steckbrief. Dazu kommen noch die Rubriken: Was kann ich und wo möchte ich hin? In meinem Fall befüllte ich diese mit: Arbeiten im Stall, ausmisten, Pferde auf die Koppel bringen und mit Pferden trainieren. Auch „Arbeitgeber“ können sich dort Profile anlegen. Was biete ich, was möchte ich, welche Aufgaben müssen erledigt werden?

Stute mit Fohlen
Über die Plattform workaway.info verschaffte sich Anna einen Überblick über ihre potenziellen Arbeitgeber in Irland. Sie schaffte es schnell, in Kontakt mit einer Betreiberin eines Reiterhofs zu kommen.

Durch Schlagwörter wie Pferde, Irland, Farm wurden mir verschiedene Profile von Arbeitgebern vorgeschlagen. Das Suchen auf der Seite ist übrigens kostenlos. Um sich ein Profil zu erstellen und die Möglichkeit zu haben, in Kontakt mit den Arbeitgebern zu kommen, werden 23 € pro Jahr fällig. Ein fairer Preis, der zudem eine gewisse Sicherheit mit sich bringt. Weiterhin ist es möglich, eine Bewertung für seinen Arbeitgeber zu hinterlassen.
Soweit also zu dem Konzept, das mir von meiner besten Freundin vorgeschlagen wurde. Sie kam durch workawayer.com nach Schweden und war total begeistert. Ich schrieb verschiedene Gestüte und Reiterhöfe an, in der Hoffnung dass ich einen Platz finden würde. Von einigen habe ich bis heute keine Antwort bekommen, doch Anne schrieb mir sofort zurück.
Innerhalb von drei Tagen schmiedete ich einen Plan, buchte ein Ticket und kündigte meinen Job. Nur sechs Wochen später ging es für 90 € nach Irland, was so seine Vor- und Nachteile bringt. Mit gerade mal 10 kg Handgepäck und einem 20 kg Koffer musste ich irgendwie die ersten Wochen überleben, bis ein Paket mit weiteren Klamotten ankommen würde.

Fohlen auf der Weide
Mit gerade mal 10 kg Handgepäck und einem 20 kg Koffer reiste Anna ins Ungewisse. Sie hatte Glück und landete auf einem Reiterhof mit sehr sympathischen Menschen und tollen Pferden.

Glücklicherweise war mein erster Winter hier in Irland recht mild, was normalerweise nicht der Fall ist. Dennoch fehlte es an Reitklamotten und anderen Dingen.
Mein erster Tag war recht chaotisch. Das Mädchen aus dem französischen Teil der Schweiz, das eine Woche vor mir angekommen war, sprach nur gebrochen Deutsch und kein Wort Englisch. Mit Anne sprach sie nur französisch und Scott, Annes Ehemann und gebürtiger Amerikaner, verstand sie nicht. Unsere Verständigung war daher voller Missverständnisse, vor allem weil auch mein Englisch alles andere als gut war. Der Stall liegt geschätzte fünf Meter hinter dem Hof, ebenso wie vier Koppeln. Die restlichen Koppeln sind per Pferd oder Auto erreichbar.
Inzwischen habe ich mich super eingelebt und aus meinen geplanten sechs Monaten sind mittlerweile schon fast acht geworden. Vor allem liegt das daran, dass Anne mir einen Job als Stallmanagerin angeboten hat.
Ja – ich lebe den Traum jedes kleinen Mädchens: Ich werde dafür bezahlt den ganzen Tag im Stall zu sein. Zum Glück handelt es sich um einen vergleichsweise kleinen Stall. Bei uns stehen nur 23 Pferde. Wir haben drei Mutterstuten mit Fohlen. Fohlen Nummer vier liegt noch gemütlich in Mamas Bauch und wartet darauf, im Sommer das Licht der Welt zu erblicken.

galoppierende Pferde auf der Weide
Anna ist sich sicher: Sie hat das Richtige gemacht und in den letzten Monaten unwahrscheinlich viel dazu gelernt.

Im Training befinden sich Momentan neun Pferde. Die drei Hengste im Alter von vier, fünf und elf Jahren, ein älterer Wallach der uns mit den vier Jungpferden hilft, sowie eine Stute im Alter von sechs Jahren. Ich arbeite hauptsächlich vom Boden aus mit den Pferden, da ich aus gesundheitlichen Gründen nicht täglich reiten kann. Mein Job besteht darin, die Jungpferde an das Anbinden, das Putzen und das Longieren mit Pessoa und Sattel zu gewöhnen. Longiert wird bei uns Grundsätzlich am Gebiss um durch Hilfegabe der Longe die korrekte Kopfhaltung zu erzielen. Mit gefällt die Herangehensweise von Anne, denn die Pferde bestimmten die Geschwindigkeit des Trainings.
Als Beispiel haben wir einen vierjährigen Wallach, der wohl nicht zu den intelligentesten Pferden auf dem Hof gehört. Das Aufsteigen war nie ein Problem für ihn, doch saß der Reiter für zwei Minuten im Sattelohne ihn zu erinnern dass er da war, vergaß er ihn. Bei einer Reaktion des Reiters erschrak er sich und warf den Reiter ab. Anne entschloss sich, ihm eine Auszeit auf der Koppel zu geben und mit neuen Leuten – in diesem Fall mit der Schweizerin und mir – einen Neustart zu wagen. Dabei spielte auch der ältere Wallach Clancy eine große Rolle, denn er übernahm die Patenschaft für Angelo und zusammen mit ihm ist Angelo nun nach drei Monaten Training ein zuverlässiges Jungpferd geworden. Wir gehen täglich mit ihnen ausreiten, um ihre Kondition zu stärken und ihnen Dinge wie Autos, Traktoren und Schafe (viele Schafe!) zu zeigen. Chem und Val, zwei Jungstuten hingegen, sind so intelligent dass wir kaum Zeit verschwenden mussten. Val zum Beispiel wurde fünf Tage auf dem Reitplatz geritten, bevor wir mit ihr einen Ausritt starten konnten. Davor waren jedoch auch bei ihr eineinhalb Monate Longiertraining für den Muskelaufbau an der Tagesordnung. Sobald sie etwas verstanden hat, speichert sie es ab und es ist jederzeit abrufbar. Auch Chem gehört zu dieser Sorte Pferd. Mittlerweile habe ich fünf Jungpferde an das Longieren mit dem Equipment gewöhnt und drei davon laufen nun unter dem Reiter. Ich habe jede Menge dazu gelernt seitdem ich auf dem Hof arbeite. Bislang sah meine reiterliche Ausbildung eher nach einem klaren: „Mach einfach“ aus. Dass mir jemand meine Fehler aufzeigte und mir Tipps gab, war nicht an der Tagesordnung. Ich konnte von allem ein bisschen etwas und das eben auf meine Weise. Anne hat viel Geduld bewiesen, mir das richtige Longieren und den richtigen Umgang mit Hengsten beizubringen.

Foheln mit Mama auf Weide
Die Arbeit mit den Pferden und das Leben auf dem Hof gefallen Anna so gut, dass sie darüber nachdenkt, die angebotene Stelle als Stallmanagerin anzunehmen.

Inzwischen ist die Schweizerin gegangen, zwei französische Mädchen kamen und gingen wieder und nun leben seit sechs Wochen eine Spanierin und eine Italienerin bei uns, die super freundlich und hilfsbereit sind und die keine Probleme haben, den Hundezwinger mit Wasser zu säubern oder die Katzenklos zu reinigen. Denn neben den 23 Pferden leben auch sieben Hunde und fünf Katzen bei uns. Das abwechslungsreiche, tägliche Durcheinander ist  vorprogrammiert und es gibt immer etwas zu lachen. Ob es nun eine Dänische Dogge im Lunchsessel ist, die im Wintergarten die Sonne genießt oder die Suche nach einer der Katzen, die sich in einer der Schubladen in der Küche versteckt hat und im Topf sitzend für ihre Freiheit rebelliert.
Der Tag hat hier leider zu wenig Stunden. Meistens falle ich am Abend wie tot ins Bett. Doch ist das Fenster geöffnet, kann ich die Pferde im Stall schnauben hören.“

Christine

Über Christine

Erfahrung/Motivation: Nach einer sehr langen Reitpause begann ich im April 2012 wieder zu reiten. Eine schöne Schwarzwälder Fuchs Stute namens Jeany freute sich genauso wie ich über unsere langen und erholsamen Ausritte durch den Wald. Das Besondere an unserer Verbindung ist und bleibt, dass Jeany es schaffte, mich sehr schnell wieder komplett für Pferde zu begeistern. Zwar gelingt es mir momentan aus beruflichen und familiären Gründen nur ein bis zweimal in der Woche bei den Vierbeinern, die mir so viel geben, zu sein, den Stall zu machen und zu reiten. Aber diese Auszeiten müssen sein! Jeanys Stallgenossen sind wunderschöne Tersker, von denen ich momentan Nadja reiten darf. Wir sind ein relativ neues Team und gewöhnen uns noch im Dressurviereck und im Gelände aneinander – allerdings mit allerbesten Fortschritten!

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