Die klassische Handarbeit ist eine sinnvolle Gymnastizierung für Pferde. Sie ist nicht nur eine gute Vorbereitung für neue Lektionen, sondern sorgt vor allen Dingen für Abwechslung und Spaß während der Wintermonate. Schritt für Schritt wollen wir euch den Weg bis zur Piaffe an der Hand zeigen. Viel Spaß mit Julia und Corday bei Teil 2, in dem euch erklärt wird, wie ihr mit euren Pferden vom Schulterherein bis zum Travers-Renvers kommt.
„Auch die Seitengänge lassen sich besonders gut an der Hand erarbeiten. Der Reiter bekommt einen ganz neuen Blickwinkel über die Seitengänge und kann so besser nachvollziehen, wie diese auszuführen sind. Seitengänge haben einen hohen gymnastischen Effekt, denn sie richten gerade und führen zur Versammlung.
Schulterherein ist der wichtigste Seitengang
Der wichtigste Seitengang ist das Schulterherein. Schulterherein ist eine versammelnde Lektion. Die versammelnde Wirkung liegt darin, dass das innere Hinterbein möglichst exakt unter den Schwerpunkt des Pferdes fußt. Korrekt wird das Schulterherein auf drei Hufschlägen ausgeführt. Es gibt aber auch die Variante, das Pferd auf vier Hufschlägen gehen zu lassen, dann ist das Pferd etwas stärker abgestellt. Das äußere Vorderbein und das innere Hinterbein fußen so nicht mehr in einer Linie, sondern aneinander vorbei. Das Schulterherein beginne ich an der langen Seite entlang der Bande.
Dazu frage ich nach der Ecke vom Pferd etwas mehr Stellung ab und führe so schon ein leichtes Schultervor aus. Das Schultervor lässt sich leicht in ein Schulterherein entwickeln. Dazu frage ich noch mehr Stellung ab und pariere das Pferd am äußeren Zügel ab. Dadurch kommt die Vorhand etwas nach innen, gleichzeitig bleibt die Hinterhand aber außen. Ich stelle das Pferd soweit ab, wie ich eine Volte einleiten würde. Auch hier gilt wieder erst nur wenige Schritte verlangen und anschließend erweitern. Wenn an der langen Seite das Schulterherein sicher klappt, könnt ihr es auch auf großen gebogenen Linien ausführen.
Übertreten mobilisiert den ganzen Pferdekörper
Eine weitere Übung ist das Übertreten. Keine andere Übung gymnastiziert Rücken, Hinterhand und Bauchmuskeln besser als diese. Sie mobilisiert den gesamten Pferdekörper und fordert das Pferd auf, seine Hanken zu beugen. Es lernt die Hinterbeine nach oben anzuwinkeln und zu übertreten. Jedes einzelne Beinpaar wird auf diese Weise geschmeidig gemacht. Auch die Bauchmuskulatur wird stark gefordert. Die Übung ist mit unseren „Sit up´s“ zu vergleichen.
Die ersten Schritte im Übertreten
Das Übertreten erarbeite ich zu Beginn aus dem Schulterherein. Ich lasse das Pferd auf einer Volte im Schulterherein gehen. Wenn dies sicher klappt, bremse ich das Pferd etwas aus, indem ich es vermehrt am äußeren Zügel abpariere. Die innere Stellung bleibt aber trotzdem erhalten. Dadurch kreuzen sich die Hinterbeine und die ersten Schritte im Übertreten sind geschafft. Wichtig für das Abparieren ist, dass ihr nicht nur am inneren Zügel zieht, sondern die Schulter über den äußeren Zügel abfangt, damit diese nicht ausbrechen kann. Die Pferde zeigen meist sehr schnell schöne Tritte im Übertreten. Oft bremsen sie dann aber ab. Hier ist es besonders wichtig, weiter zu treiben und es nicht dem Pferd zu überlassen, wann es eine Übung beendet. Bis das Pferd sicher und ohne Stocken ein paar Runden im Übertreten bleibt, dauert es einige Zeit. Hier ist es besonders wichtig, viele Pausen zu machen und viel zu loben, um das Pferd nicht zu überfordern. Die Pferde müssen auch erst verstehen, was ihr von ihnen wollt. Im Gegensatz zu der Grundposition befinden sich meine Schultern mehr Richtung Pferdekörper. Mein Blick ist dabei auf die Hinterhand gerichtet.
Renvers – anspruchsvolle Übung
Renvers ist wie das Schulterherein eine Übung, bei der besonders die Schulter gymnastiziert wird. Die Hinterbeine des Pferdes gehen weiter außen. Das Pferd ist nach außen gebogen, es kreuzt die Hinterbeine vermehrt und belastet die äußere Schulter. Renvers verlangt Übung und ist im Vergleich zum Schulterherein durchaus anspruchsvoll. Ich fange damit an, dass ich auf dem zweiten Hufschlag beginne, das innere Hinterbein nach außen zu touchieren. Somit veranlasse ich Corday zum Seitwärtstreten. Wenn das funktioniert, dass das Pferd auf Touchieren die Hinterhand nach außen nimmt, konzentriere ich mich auf die Vorhand.
Ich fange die Schulter ab, indem ich am äußeren Zügel pariere. Mit der inneren Hand fühle ich etwas nach vorne, um Corday die richtige Stellung vorzugeben. Bei dieser Übung ist durchaus etwas Geschick und Übung erforderlich, da ihr mit der inneren Hand das Hinterbein nach außen touchiert und gleichzeitig am äußeren Zügel pariert, um die Schulter auszubremsen und die Stellung vorzugeben. Mein Becken ist bei dieser Übung nach vorne gerichtet, meine Schultern und mein Blick hingegen zeigen zum Pferd.
Konterschulterherein und Travers
Die Seitengänge, die Balance auf die Hinterhand verschieben sind Konterschulterherein und Travers. Konterschulterherein ist die konträre Übung zum Schulterherein. Sozusagen Schulterherein nach außen. Beim Konterschulterherein ist das Pferd nach außen gebogen, die Vorhand bewegt sich weiter außen als die Hinterhand. Dabei nimmt das äußere Hinterbein Last auf und die Vorderbeine kreuzen vermehrt. Meine Hilfen gebe ich genauso wie beim Schulterherein, nur dass ich zwischen Bande und Corday gehe. Diese Übung ist deutlich schwieriger, da das Pferd sich auf der freien Linie befindet. Erarbeitet daher immer zuerst das Schulterherein.
Travers bringt Balance auf die Hinterhand
Der zweite Seitengang, der die Balance vermehrt auf die Hinterhand bringt, ist das Travers, die konträre Übung zum Renvers. Bei dieser Übung ist das Pferd nach innen gebogen, die Vorhand geht weiter außen, die Vorderbeine kreuzen und das innere Hinterbein muss vermehrt Last aufnehmen. Auch hier gehe ich wieder zwischen Bande und Corday. Mit meiner inneren Hand touchiere ich die Hinterbeine nach innen und fange die innere Schulter ab. Alle diese Seitengänge erarbeite ich an der langen Seite. Wenn diese sicher sind, beginne ich die Übungen auf dem Zirkel auszuführen. Nachdem alle Seitengänge sicher auszuführen sind, könnt ihr beginnen, diese zu kombinieren. Um Kontrolle der Biegung, Balance und Bewegung zu steigern, nutze ich kombinierte Seitengänge auf der Figur der Acht.
Schulterherein – Konterschulterherein auf der Acht
Ich gehe im Schulterherein auf dem Zirkel, bei X wechsle ich den Zirkel und befinde mich automatisch im Konterschulterherein. Dabei variiere ich die Größen der Zirkel. Gerne führe ich das Schulterherein auf einem engeren Zirkel aus. Beim Konterschulterherein bleibe ich auf einer größeren Linie, da diese auf einem engeren Zirkel vom Pferd nicht auszuführen ist. Bei dieser Übung verschiebt sich die Balance von der inneren Schulter auf das äußere Hinterbein.
Travers-Renvers auf der Acht
Dasselbe geht auch mit Travers und Renvers. Hier wechsle ich ebenfalls bei X und variiere wieder die Zirkelgröße. Grundsätzlich beginne ich immer mit großen Linien. Je kleiner die Zirkel, umso anstrengender sind sie für das Pferd, da sie vermehrte Lastaufnahme fordern. Hier verlagert sich die Balance vom inneren Hinterbein auf die äußere Schulter.
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Hallo,
vielen Dank für die Angregunen! In wie weit macht ihr die Pferde eigentlich vorher warm und wie lange dauern die Übungseinheiten?
Gruß Alex
Liebe Alexandra,
die Handarbeit beginne ich immer sehr gerne mit der Gymnastik der Seitengänge. Diese ist im Sommer etwa 15 Minuten lang, im Winter gerne etwas länger. Anschließend wird Corday etwas longiert, in der Regel nur etwa zehn Minuten.
Anschließend fahre ich fort mit den Übungseinheiten der Seitengänge im Trab sowie die Piaffe, Passage und Galopparbeit.
Viele Grüße
Julia